„Die Powenzbande“ von 1930 ist das populärste und meistübersetzte Buch von Ernst Penzoldt und wurde 1973 als fünfteilige Fernsehserie für die ARD verfilmt.

Till Eulenspiegel hat Junge gekriegt und deren Chronik heisst „Die Powenzbande.“ Die Powenze sind Spiessbürger wie die anderen Mössler Einwohner; aber die Powenze haben Phantasie und keinen Sinn für geordnete Arbeit. […] Ihre Phantasie trifft besser als die gröbste Faust. Sie haben Humor und sind dadurch unverwundbar. (Erich Kästner)

 

E_bookreader_5_FamilienromaneDie SZ eBibliothek umfasst insgesamt 50 Romane.
Die Powenzbande ist Teil der Sammlung „5 Familienromane“.
Das Paket enthält folgende Romane:

    Uwe Tellkamp Der Turm

    Katja Petrowskaja Vielleicht Esther

    Ernst Penzoldt Die Powenzbande

    Joanna Bator Sandberg

    Peter Handke  Immer noch Sturm

 Zur SZ eBibliothek

Hintergrund

„Die Powenzbande“ ist einer der wenigen Schelmenromane in deutscher Sprache. Er zeichnet die Eigenheiten und Merkwürdigkeiten der Powenze, aber auch die ihrer Gegner menschlich, liebevoll und mit großem Witz. Die fröhlichen Lebenskünstler der Powenzbande sind der lebende Widerspruch zu allen bürgerlichen Normen. Der anarchistische Humor dieser Posse auf das deutsche Kleinbürgertum war Penzoldts Antwort auf die Turbulenzen, die ihm sein Plädoyer für die deutsch-französische Versöhnung in der Novelle „Etienne und Luise“ eingebracht hatte: ein langer und durch mehrere Instanzen geführter Prozess sowie scharfe Angriffe aus der deutschnationalen Presse begleiteten die Entstehung der „Powenzbande“.

als eBook in der SZ eBibliothek

Inhalt

Die Handlung spielt in dem beschaulichen Städtchen Mössel an der Maar, das vor allem von besser gestellten Rentnern und Pfarrerswitwen mit ihren Töchtern bewohnt wird. In dieser Kleinstadt würde wohl nie etwas passieren, wäre nicht einige Jahre vor der eigentlichen Handlung ein Bahnreisender – Baltus Powenz – in „Adams kleiner, brauner Weinstube“ „kleben“ geblieben, um sich dann unverzüglich als reich tätowierter Bademeister, Fahr- und Gesangslehrer, Erfinder (nicht zuletzt seiner eigenen Vergangenheiten), Konstrukteur eines Automobils, Poet, Musiker und Fabrikant von Scherzartikeln und Feuerwerkskörpern dort niederzulassen und eine Familie zu gründen, immer mit dem Ziel, ihr eines Tages ein eigenes Haus zu erbauen.

Mit seiner „selten liebevollen“ Frau Sabina hat er sieben Söhne und eine Tochter, eine so kopf- wie lautstarke Schar, die von den rechtschaffenen Mösselern kopfschüttelnd die „Powenzbande“ genannt wird und ihnen jeder Schandtat verdächtig ist. Sie stellen der Stadt ein fröhliches Prekariat emsiger Lebenskünstler, sind die „Edlen Wilden“ von nebenan, ein lebendiger Widerspruch zu allen bürgerlichen Normen, arm an allem außer Geist, wenig zimperlich bei der Wahl ihrer Methoden wie bei ihrer Nahrung. Heilig ist ihnen das Leben, die Existenz aber nur Notwendigkeit.

Ihre bacchischen Freuden, freie Liebe und häusliche Gewalt erregen die Rechtschaffenen wie die Selbstgerechten, und so beginnt bald ein Kleinkrieg zwischen ihnen und den Powenzen, dessen formelle Kriegserklärung die Ablehnung eines Bauantrages ist, den Baltus Powenz, gestützt auf einen „kleinen Vorgriff auf die Reserven der Zukunft“ und einen Fundus von 999 über Jahre hinweg gesammelten Backsteinen, bei der Stadtverwaltung einreicht. Dieser Krieg wird in offenen „Knabenschlachten“ auf der Heide vor der Stadt ebenso ausgetragen wie in Guerilla-Operationen, bei denen aus den Beeten des Nachbarn die Gemüsepflänzlinge säuberlich entfernt und durch Unkraut ersetzt werden, zum Lüften aufgehängte Teppiche mit Flöhen und Wanzen infiziert werden, die sich in den Häusern der „Feinen“ ausbreiten, und manchmal mit krimineller Energie. Die Gegenseite schlägt mit Hausdurchsuchungen zurück und ist den flexiblen Powenzen gegenüber relativ erfolglos.

Dieser Krieg wird 1914 durch eine andere Auseinandersetzung unterbrochen. Die Familie Powenz stellt in ihrer Produktion erfolgreich von Scherzartikeln auf vaterländischen Nippes, Kaiserbilder und Kriegsfolklore um. Allerdings müssen bald Frau Sabina, Tochter Lilith und die jüngsten Söhne Jadup und Jubal den Betrieb übernehmen, weil die erwachsenen Männer der Familie zur Armee einrücken müssen. Schnell sammeln sie sich am gleichen Frontabschnitt, wo sie der Erzähler des Romans wieder trifft, der in Mössel zu den „Feinen“ gehört. Pragmatisch ziehen die Powenze aus dem Krieg jeden Vorteil. Sie genießen das Abenteuerliche an ihm und nutzen jede Gelegenheit, Wertvolles zu sammeln.

Bei einer solchen Gelegenheit wird der künstlerische Sohn Violand verwundet und von seinen Verwandten und ihren Freunden, allesamt tapfer aus Trunkenheit, gerettet. Sie nutzen das, um zugleich einen Schatz teuren Rotweins aus den Ruinen des Weinguts „La Ferme Trouchy“ zu bergen. Kurz vor Kriegsende lässt Baltus Powenz dann seine heimische Produktion auf schwarz-rot-goldene und rote Fahnen umstellen, um sich auch kommende politische Auseinandersetzungen nutzbar zu machen.

So tragen alle Powenze zu jenem bescheidenen Vermögen bei, mit dem sie ihr Haus errichten wollen. Tochter Lilith schlägt Kapital aus ihrem sorgsam kultivierten schlechten Ruf, Vater Baltus nutzt seinen Einfallsreichtum, um in den unruhigen Zeiten nach dem Krieg mit Devisen-Spekulationen Geld zu verdienen, der immer müde Sohn Fabian gründet die Kirche des Heiligen Schlafes. Nur Jadup trägt nichts dazu bei, wird er doch bald von der Liebe in Gestalt eines Ballonfahrers nach Berlin entrückt. Seine erdverbundene Familie kritisiert daran vor allem die völlige Uneinträglichkeit.

Es kommt gar dazu, dass die Powenzbande erstmals schuldenfrei dasteht, als der Tod ihres amerikanischen Onkels Melchior und die Vorstellung eines Erbes in Dollar-Millionen sie in der Gunst der Mösseler hoch steigen lässt. Man schenkt ihnen gar das Grundstück, das man ihnen samt der Baugenehmigung einst verweigert hatte. Vater Powenz tauscht es umgehend gegen eines in der Nachbargemeinde ein, wo er endlich das erträumte Haus baut. Das Erbe indes besteht dann zwar wirklich aus Millionen, jedoch im Minusbereich.

Am Ende (das der Erzähler an den Anfang stellt) wird Baltus Powenz, der heiter und angetrunken wie stets spazieren geht, von einem Meteoriten erschlagen, drei Tage nach dem Richtfest seines Hauses, immer noch in der gleichen Jacke, die er bei seiner Ankunft in Mössel getragen hatte. Seine ehrerbietigen Söhne umgeben den Meteoriten sofort mit einem Zaun und nehmen Eintritt für seine Besichtigung.


Zur SZ eBibliothek

Technische Fragen?

So einfach können Sie das eBook auf jeder Art von Tablet, eReader, Computer etc. lesen