Katharina Dötsch, genannt „Urrmama“ war die Mutter von Hedwig Heimeran. Die Grossmutter von Friedi und Ernst etc. Heimeran. Die Urgrossmutter von Ulla und Günther Penzoldt.
Autor: Sebastian
Testbeitrag
Ernst Penzoldts Werk wird digital
Im Spiegelarchiv findet man – digital – eine sehr gute Kritik, die im Februar 1950, anlässlich der Aufführung des “Gläsernen Storchs”, der Zauberkomödie von Ernst Penzoldt im Hamburger Schauspielhaus, veröffentlicht wurde. Der Stoff, aktuell wie nie zuvor: ein Mensch aus der Retorte (Gläserner Storch).
Die hohe Geschwindigkeit, mit der unsere Welt digitalisiert wird, hat auch vor Ernst Penzoldts Werk nicht Halt gemacht. Sein bekanntester Roman “Die Powenzbande” ist jetzt als eBook beim Süddeutschen Verlag, in der eBibliothek, zusammen mit 5 weiteren Familienromanen (anderer Autoren) erschienen. Das ist ein wichtiger Schritt, denn mit dem eBook ist der dringend notwendige Sprung in die nächste Lesergeneration gelungen, zumal die Taschenbuchausgabe der Powenzbande zur Zeit vergriffen ist.
Vor dem Hintergrund dieser einschneidenden Veränderungen sind wir alle froh darüber, dass Ulla Penzoldt und Volker Michels das schriftstellerische Werk rechtzeitig in eine einheitliche Form gebracht haben: die Gesamtausgabe “Ernst Penzoldt – Gesammelte Schriften in sieben Bänden”. Sie erschien 1992 anlässlich des 100. Penzoldt-Geburtstages. Die Bände sind über den Buchhandel lieferbar, sowohl einzeln, als auch die komplette Ausgabe.
Wir haben im letzten Gespräch mit dem Suhrkamp Verlag erfahren, dass diese Gesamtausgabe noch in diesem Jahr 2015 digitalisiert wird. Dann wäre das Ziel erreicht und das schriftstellerische Werk stünde zu 90% in digitaler Form zur Verfügung. Der bildnerische Nachlass Penzoldts als Bildhauer, Maler, Scherenschneider und Illustrator, der grösstenteils unter dem Pseudonym “Fritz Fliege” entstand, ist sehr gut dokumentiert. Die meisten der Bilder, Grafiken und Plastiken wurden 1992 im Rahmen der Ausstellung “Ernst Penzoldt – Kunst und Poesie” im Palais Stutterheim/Erlangen ausgestellt. Der umfangreiche Katalog ist leider vergriffen. Die meisten Exponate sind im Besitz des Stadtmuseeums Erlangen. Wir sind gerade dabei die Abbildungen, die uns vorliegen, zu sammeln und hier auf ernst-penzoldt.de auszugsweise zugänglich zu machen.
Die Powenzbande als eBook
„Die Powenzbande“ von 1930 ist das populärste und meistübersetzte Buch von Ernst Penzoldt und wurde 1973 als fünfteilige Fernsehserie für die ARD verfilmt.
Till Eulenspiegel hat Junge gekriegt und deren Chronik heisst „Die Powenzbande.“ Die Powenze sind Spiessbürger wie die anderen Mössler Einwohner; aber die Powenze haben Phantasie und keinen Sinn für geordnete Arbeit. […] Ihre Phantasie trifft besser als die gröbste Faust. Sie haben Humor und sind dadurch unverwundbar. (Erich Kästner)
Die SZ eBibliothek umfasst insgesamt 50 Romane.
Die Powenzbande ist Teil der Sammlung „5 Familienromane“.
Das Paket enthält folgende Romane:
Uwe Tellkamp • Der Turm
Katja Petrowskaja • Vielleicht Esther
Ernst Penzoldt • Die Powenzbande
Joanna Bator • Sandberg
Peter Handke • Immer noch Sturm
Hintergrund
„Die Powenzbande“ ist einer der wenigen Schelmenromane in deutscher Sprache. Er zeichnet die Eigenheiten und Merkwürdigkeiten der Powenze, aber auch die ihrer Gegner menschlich, liebevoll und mit großem Witz. Die fröhlichen Lebenskünstler der Powenzbande sind der lebende Widerspruch zu allen bürgerlichen Normen. Der anarchistische Humor dieser Posse auf das deutsche Kleinbürgertum war Penzoldts Antwort auf die Turbulenzen, die ihm sein Plädoyer für die deutsch-französische Versöhnung in der Novelle „Etienne und Luise“ eingebracht hatte: ein langer und durch mehrere Instanzen geführter Prozess sowie scharfe Angriffe aus der deutschnationalen Presse begleiteten die Entstehung der „Powenzbande“.
als eBook in der SZ eBibliothek
Inhalt
Die Handlung spielt in dem beschaulichen Städtchen Mössel an der Maar, das vor allem von besser gestellten Rentnern und Pfarrerswitwen mit ihren Töchtern bewohnt wird. In dieser Kleinstadt würde wohl nie etwas passieren, wäre nicht einige Jahre vor der eigentlichen Handlung ein Bahnreisender – Baltus Powenz – in „Adams kleiner, brauner Weinstube“ „kleben“ geblieben, um sich dann unverzüglich als reich tätowierter Bademeister, Fahr- und Gesangslehrer, Erfinder (nicht zuletzt seiner eigenen Vergangenheiten), Konstrukteur eines Automobils, Poet, Musiker und Fabrikant von Scherzartikeln und Feuerwerkskörpern dort niederzulassen und eine Familie zu gründen, immer mit dem Ziel, ihr eines Tages ein eigenes Haus zu erbauen.
Mit seiner „selten liebevollen“ Frau Sabina hat er sieben Söhne und eine Tochter, eine so kopf- wie lautstarke Schar, die von den rechtschaffenen Mösselern kopfschüttelnd die „Powenzbande“ genannt wird und ihnen jeder Schandtat verdächtig ist. Sie stellen der Stadt ein fröhliches Prekariat emsiger Lebenskünstler, sind die „Edlen Wilden“ von nebenan, ein lebendiger Widerspruch zu allen bürgerlichen Normen, arm an allem außer Geist, wenig zimperlich bei der Wahl ihrer Methoden wie bei ihrer Nahrung. Heilig ist ihnen das Leben, die Existenz aber nur Notwendigkeit.
Ihre bacchischen Freuden, freie Liebe und häusliche Gewalt erregen die Rechtschaffenen wie die Selbstgerechten, und so beginnt bald ein Kleinkrieg zwischen ihnen und den Powenzen, dessen formelle Kriegserklärung die Ablehnung eines Bauantrages ist, den Baltus Powenz, gestützt auf einen „kleinen Vorgriff auf die Reserven der Zukunft“ und einen Fundus von 999 über Jahre hinweg gesammelten Backsteinen, bei der Stadtverwaltung einreicht. Dieser Krieg wird in offenen „Knabenschlachten“ auf der Heide vor der Stadt ebenso ausgetragen wie in Guerilla-Operationen, bei denen aus den Beeten des Nachbarn die Gemüsepflänzlinge säuberlich entfernt und durch Unkraut ersetzt werden, zum Lüften aufgehängte Teppiche mit Flöhen und Wanzen infiziert werden, die sich in den Häusern der „Feinen“ ausbreiten, und manchmal mit krimineller Energie. Die Gegenseite schlägt mit Hausdurchsuchungen zurück und ist den flexiblen Powenzen gegenüber relativ erfolglos.
Dieser Krieg wird 1914 durch eine andere Auseinandersetzung unterbrochen. Die Familie Powenz stellt in ihrer Produktion erfolgreich von Scherzartikeln auf vaterländischen Nippes, Kaiserbilder und Kriegsfolklore um. Allerdings müssen bald Frau Sabina, Tochter Lilith und die jüngsten Söhne Jadup und Jubal den Betrieb übernehmen, weil die erwachsenen Männer der Familie zur Armee einrücken müssen. Schnell sammeln sie sich am gleichen Frontabschnitt, wo sie der Erzähler des Romans wieder trifft, der in Mössel zu den „Feinen“ gehört. Pragmatisch ziehen die Powenze aus dem Krieg jeden Vorteil. Sie genießen das Abenteuerliche an ihm und nutzen jede Gelegenheit, Wertvolles zu sammeln.
Bei einer solchen Gelegenheit wird der künstlerische Sohn Violand verwundet und von seinen Verwandten und ihren Freunden, allesamt tapfer aus Trunkenheit, gerettet. Sie nutzen das, um zugleich einen Schatz teuren Rotweins aus den Ruinen des Weinguts „La Ferme Trouchy“ zu bergen. Kurz vor Kriegsende lässt Baltus Powenz dann seine heimische Produktion auf schwarz-rot-goldene und rote Fahnen umstellen, um sich auch kommende politische Auseinandersetzungen nutzbar zu machen.
So tragen alle Powenze zu jenem bescheidenen Vermögen bei, mit dem sie ihr Haus errichten wollen. Tochter Lilith schlägt Kapital aus ihrem sorgsam kultivierten schlechten Ruf, Vater Baltus nutzt seinen Einfallsreichtum, um in den unruhigen Zeiten nach dem Krieg mit Devisen-Spekulationen Geld zu verdienen, der immer müde Sohn Fabian gründet die Kirche des Heiligen Schlafes. Nur Jadup trägt nichts dazu bei, wird er doch bald von der Liebe in Gestalt eines Ballonfahrers nach Berlin entrückt. Seine erdverbundene Familie kritisiert daran vor allem die völlige Uneinträglichkeit.
Es kommt gar dazu, dass die Powenzbande erstmals schuldenfrei dasteht, als der Tod ihres amerikanischen Onkels Melchior und die Vorstellung eines Erbes in Dollar-Millionen sie in der Gunst der Mösseler hoch steigen lässt. Man schenkt ihnen gar das Grundstück, das man ihnen samt der Baugenehmigung einst verweigert hatte. Vater Powenz tauscht es umgehend gegen eines in der Nachbargemeinde ein, wo er endlich das erträumte Haus baut. Das Erbe indes besteht dann zwar wirklich aus Millionen, jedoch im Minusbereich.
Am Ende (das der Erzähler an den Anfang stellt) wird Baltus Powenz, der heiter und angetrunken wie stets spazieren geht, von einem Meteoriten erschlagen, drei Tage nach dem Richtfest seines Hauses, immer noch in der gleichen Jacke, die er bei seiner Ankunft in Mössel getragen hatte. Seine ehrerbietigen Söhne umgeben den Meteoriten sofort mit einem Zaun und nehmen Eintritt für seine Besichtigung.
Technische Fragen?
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Ernst Penzoldts Geburtshaus
Ernst Penzoldts Eltern
Ernst Penzoldt als Baby
Die Mutter Valerie Penzoldt im Jahr 1892 mit Ernst im Tragekleid, am Händchen gehalten vom Bruder Richard Penzoldt (* 1890). Links vorne der Bruder Fritz Penzoldt (* 1888), daneben der Bruder Willi Penzoldt(* 1886).
Ernst Penzoldt mit Mutter und Geschwistern
Von links nach rechts: Richard, Ernst, Mutter Valerie, Fritz und Willi Penzoldt, 1897.
Ernst ist hier 5 Jahre alt. Alle drei Brüder Ernst Penzoldts wurde Ärzte. Richard war Röntgenarzt in Duisburg, Fritz übte seinen Beruf nur kurze Zeit aus und wurde, wie sein Bruder Ernst, Schriftsteller. Aber im Gegensatz zu diesem schrieb er Bücher, die „gingen“, spannende Arztromane und Jagdgeschichten sowie eine Biographie der grossen Altistin Sigrid Onégin, die er 1921 geheiratet hatte. Willi, der älteste Bruder ist Ernst wohl am nächsten gestanden. Er hat sich 1911 das Leben genommen.
Ernst Penzoldt als Abiturient
Ernst Penzoldts Studienzeit
Ernst Penzoldt, der Akademieschüler für Bildhauerei, 1912 an der Weimarer Kunsthochschule bei Albin Egger-Lienz.
Ernst Penzoldt als Soldat im Ersten Weltkrieg
Der Bildhauer Ernst Penzoldt im Atelier
Der Schriftsteller Ernst Penzoldt
Das Foto zeigt Ernst Penzoldt ca. 1923. Es ist ein Ausschnitt aus der Aufnahme an seinem Schreibtisch (s.u.).
Ernst Penzoldt wurde am 14. Juni 1892 in Erlangen geboren und starb am 27. Januar 1955 in München. Er studierte an den Kunstakademien von Weimar und Kassel und war zunächst als Bildhauer, Maler und Grafiker tätig. Nach dem 1. Weltkrieg, in dem er – wie auch von 1939 bis 1940 – als Sanitäter verwendet wurde, fand er zur Schriftstellerei, die er als seine » Kriegsverletzung« bezeichnet hat.
Zu seinen erfolgreichsten Büchern zählen: „Der arme Chatterton“ (1928), der Schelmemroman „Die Powenzbande“ (1930), „Kleiner Erdenwurm“ (1934), „Der dankbare Patient“ (1937), so wie die Erzählungen „Idolino“ (1935), „Korporal Mombour“ (1941), und „Squirrel“ (1954).
Das Heimeranhaus, Dietlindenstrasse
Die Tuschzeichnung von Ernst Penzoldt zeigt die Gartenansicht des Heimeran-Hauses in München-Schwabing, die „Dietlinde“, in dem Ernst Penzoldt mit seiner Familie von 1922-1938 lebte.
Das Haus in der Dietlindenstrasse 14, wurde von Ernst Heimeran als Wohn- und Geschäftshaus für den Heimeran Verlag (wahrscheinlich 1910) gekauft.
Heute ist es in altrosa getrichen und beherbergt einen Kindergarten.
Ernst Penzoldt und Ernst Heimeran
Ernst Penzoldt heiratet Friedi Heimeran
Ernst Penzoldt mit Friedi und den Kindern 1927
Ulla Penzoldt, gerade 3 Monate alt, Friedi Penzoldt, Günther Penzoldt, vierjährig und Ernst Penzoldt im Jahr 1927.
Freundschaft mit Peter Suhrkamp
Obwohl Penzoldts ablehnende Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus bekannt war, erschienen 1934 unter dem Lektorat von Penzoldts Freund Peter Suhrkamp der Roman „Kleiner Erdenwurm“ („ein liebenswertes, auf eine entzückende Art unzeitgemäßes Buch“, Hermann Hesse), 1935 die Erzählung „Idolino“ und 1937 der Band „Der dankbare Patient“, den die Zensur wohlwollend aufnahm und der sich gut verkaufte.
Ernst-Penzoldt-Haus Schwedenstrasse
Günther Penzoldt hängt das Kruzifix auf
Während des Nationalsozialismus wurde in der Waldkirche Planegg Penzoldts Altarensemble als “entartete Kunst” entfernt. Am 27.6.1942 holte Ernst Penzoldt mit seinem Sohn Günther alles, was noch auffindbar war, nach Hause und brachte das Kruzifix an der nördlichen Aussenwand des Wohnhauses in der Schwedenstrasse 39 (München) an.
Penzoldt schrieb folgenden Text in den obigen Bilderbrief, der an den Freund der Familie, Dr. Ulrich Hauswaldt, gerichtet war:
„Uli, lieber Geselle. Wieder nur ein Einblattbrief, da ich etwas unpäßlich bin. Es ist dafür ein besonders seltenes Blatt, weil das die Anbringung des Kruzifixes darstellt! So!“ [die Rückseite liegt uns leider noch nicht vor]
Ernst Penzoldt mit seinem Verleger Peter Suhrkamp
Ernst Penzoldt und Peter Suhrkamp bei der grossen Feier des 60. Geburtstages von Ernst Penzoldt und des 50. von Ernst Heimeran am 15. Juni 1952 im Hotel Bayerischer Hof in München.
Ernst Penzoldt und Ernst Heimeran, Jubilare 1952
Ernst Penzoldt Krankenbett
Die letzen Tage und Stunden im Biedersteiner Krankenhaus, nach einem erlittenen Herzinfarkt, beschreibt seine Tochter Ulla Penzoldt: „Ich war den ganzen Vormittag und Mittag bei ihm. Sonst durfte ihn – außer meiner Mutter – eigentlich keiner sehen. Wir haben uns sehr fröhlich unterhalten. Unser letztes Gespräch drehte sich um die Bayerische Akademie der Schönen Künste, und er mokierte sich darüber, dass dort zunehmend langweilige und spießige Herren säßen. Was seine Gesundheit anbelangte, war er wieder ganz zuversichtlich. Auch der Arzt sagte an diesem Tag, dass es jetzt wieder bergauf ginge. Allerdings deutete mein Vater mir gegenüber auch immer wieder an, den Arm ausgestreckt und in die Ferne zeigend, dass er ‚da hinten‘ alles schwarz sähe, so unglaublich schwarz, einen Gang o.ä. Durch seine Tätigkeit im Krieg war er den Umgang mit Sterbenden gewohnt und vielleicht wusste er, dass es zu Ende ging. Als ich ihn verließ, hatte ich dennoch einen positiven Eindruck und war hoffnungsvoll. Um halb zehn Uhr abends klingelte bei uns dann das Telefon und das Krankenhaus war dran: Man bat uns, sofort zu kommen. Zwar sagte man uns nicht direkt, was geschehen war, aber wir fürchteten schon das Schlimmste. Als uns am Eingang des Krankenhauses der sonst sehr unfreundliche Pförtner sehr nett grüßte, verstärkte sich diese Ahnung. Mein Vater lag in seinem Bett, sein Gesicht wirkte fremd. Es muss wohl schließlich alles ganz schnell gegangen sein. Er hat anscheinend noch nach der Schwester geklingelt, aber die Hilfe kam zu spät.
Meine Mutter und ich redeten die ganze Nacht, wir konnten einfach nicht schlafen. Die letzten Tage mit meinem Vater waren sehr schön gewesen. Bei uns Zuhause kam immer so viel Besuch, dass wir kaum Zeit zu zweit fanden. Im Krankenhaus haben wir dann über alles Mögliche gesprochen, es war wie eine Art Lebensrückschau. Vielleicht war es auch besser für ihn, dass er so früh gestorben ist, denn er mochte alte Leute überhaupt nicht. Das sagte er immer wieder.“
Quelle:
Biographie von Christian Klein “Ernst Penzoldt – Harmonie aus Widersprüchen – Leben und Werk”.
Der Verfasser führte das Gespräch mit Ulla Penzoldt am 27.05.2000.
Ernst Penzoldts Grab
Einweihung des neuen Denkmals für Ernst Penzoldt
Erlangen, Sonntag, 26. Oktober 2008
Nun hat er doch noch ein Denkmal bekommen, der Ernst Penzoldt.
Eine schöne Edelstahlfigur nach einem seiner Scherenschnitte ist es geworden .
Sein Geburtshaus in der Güterhallenstraße 12 steht nicht mehr, es musste der
Bahnunterführung weichen. Aber vom Standort des Denkmals kann man hinüberschauen,
es ist gleich nebenan.
Dass es die Güterhallenstraße 12 war, wusste die Tochter von Ernst Penzoldt bei der
Eröffnungsfeier zu erzählen. „Seinem Vater, dem Erlanger Medizinprofessor Franz Penzoldt,
war das Haus irgendwann nicht mehr gut genug gewesen und er ist dann ins Erlanger
Professorenviertel gezogen“, erzählte sie weiter. Aber ihr Vater Ernst hat das Haus
sehr geliebt und einen Stein seines Geburtshauses zeitlebens aufbewahrt.
Den Stein hatte sie zur Feier eigens mitgebracht.
Vielen Dank, KDE, für die Fotos und die Dokumentation.
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Im Vorfeld gab es erst einmal Hürden zu nehmen in Mössel… äh Erlangen.
Veröffentlichung auf nordbayern.de:
Der Stein des Anstoßes
Ein Denkmal soll den Dichter Ernst Penzoldt ehren – 09.04.2008
Eine Stahl-Skulptur soll schon bald an der Güterhallenstraße an den 1955 verstorbenen Schriftsteller, Maler und Bildhauer Ernst Penzoldt erinnern.
«Vor einigen Tagen bekam ich einen Zeitungsausschnitt zugesandt, in dem berichtet war, dass das Haus . . . der Spitzhacke verfallen sei und abgebrochen werde. Der Ausschnitt enthielt nichts anderes als die Todesanzeige des Hauses meiner Kindheit.»
Ernst Penzoldt
Ernst Penzoldt, der 1892 in der Hugenottenstadt geboren wurde und in den 20er Jahren in München zu einem viel gelesenen Autor aufstieg, beließ es aber nicht bei der Trauer um sein Geburtshaus an der heutigen Bahnunterführung Güterhallenstraße. Er stieg in den Zug, fuhr nach Erlangen und nahm sich dort einen Stein als Andenken an sein Geburtshaus mit nach München. Dieses Souvenir ist nun quasi der «Stein des Anstoßes» für ein Penzoldt-Denkmal, über deren Aufstellung heute ab 16 Uhr im Rathaus der Kultur- und Freizeitausschuss auf Antrag der CSU diskutieren wird. Denn dieser handliche Stein soll Blickfang eines neuen Denkmals sein. Angeregt durch den auch als Autor tätigen Kinder- und Jugendpsychologen Johannes Wilkes hat der Verein «Geschichte für Alle» – angeregt durch ein Penzoldt-Scherenschnitt-Selbstporträt – das Konzept für eine Stahlskulptur ausgearbeitet. Auch die Finanzierung dieser rund zwei Meter hohen Arbeit ist bereits gesichert. Nun geht es lediglich noch darum, die Genehmigung der Stadt für die Aufstellung zu erhalten.
Der Stein, den Penzoldt in Sütterlin mit der Aufschrift «Stein vom alten Haus Güterhallenstraße 12» versehen hat, wurde Johannes Wilkes bereits im November von Ulla Penzoldt, der Tochter des 1955 verstorbenen Dichters, übergeben.
Johannes Wilkes: «Ich war schon immer darüber verwundert, dass Erlangens prominentester Literat bislang nicht mit einem Denkmal geehrt wird. Das wollen wir nun ändern.» Wenn die Genehmigung erteilt worden ist, wird das Erlanger Hightech-Unternehmen «Erlas» bis zum Herbst die Stahlskulptur anfertigen. «Diese Firma hat ein Verfahren, dass die Umrisse von Penzoldt per Laser wie durch Butter in den Stahl schneiden wird», schwärmt Wilkes. smö
Die Kunst, das Leben zu lieben, und andere Betrachtungen
Von Ernst Penzoldt. Ausgewählt von Volker Michels. Mit einem Nachwort von Peter Suhrkamp
Inhalt
Daß es mitunter schon eine Kunst ist, das Leben zu lieben, wußte niemand besser als Ernst Penzoldt (1892 bis 1955), dessen Devise war: »Lerne selbständig denken, und du wirst es nie leicht haben im Leben.«
Dieser Dichter, Maler und Bildhauer, der keine andere Weltanschauung hatte, als sich die Welt genau anzusehen, hat Hunderte von zauberhaften Betrachtungen geschrieben, worin er den Zumutungen des Alltags die erfreulichsten Aspekte abgewinnt. »Alles wurde gut, freundlich, stachellos, unpolemisch in seinem Munde, auch wenn es aus bitterem Leiden kam«, schrieb Thomas Mann über Ernst Penzoldt, »er tat das Gute und redete zum Guten, eine Stimme in der Wüste natürlich; aber die Wüste schien bewohnbarer zu werden durch sein gütliches Wort.«
Sommer auf Sylt – Liebeserklärungen an eine Insel
Von Ernst Penzoldt. Liebeserklärungen an eine Insel in Betrachtungen, Episteln, Erzählungen und Bilderbriefen mit farbigen Zeichnungen des Verfassers. Herausgegeben von Volker Michels
Inhalt
Inhaltsverzeichnis
Gesammelte Schriften von Ernst Penzoldt in sieben Bänden
Gesammelte Schriften in sieben Bänden. Jubiläumsausgabe zum 100. Geburtstag
von Sieben Bände.
Inhalt
Die Gesammelten Schriften versammeln neben den Romanen wie z.B. „Der Zwerg“, „Der arme Chatterton“ oder „Die Powenzbande“ und sämtlichen Erzählungen erstmals auch die Schriften aus dem Nachlass. Romanfragmente wie „Das Niemandskind“ und „Lazarus“, zahlreiche Essays und kulturkritische Betrachtungen, autobiografische Schriften, darunter auch der erschütternde Erfahrungsbericht „Zugänge“ über seinen Sanitätsdienst im Zweiten Weltkrieg, aber auch eine erstmals publizierte Auswahl seiner Lyrik ermöglichen einen neuen, umfassenden Blick auf diesen Dichter.
Band 1: Der Zwerg. Der arme Chatterton. Romane
Band 2: Die Powenzbande. Zoologie einer Familie. Romane
Band 3: Kleiner Erdenwurm. Idolino. Squirrel. Romane
Band 4: Das Niemandskind (Romanfragment). Lazarus (Romanfragment). Gedichte
Band 5: Die Erzählungen
Band 6: Mit eigenen Augen. Autobiographische Schriften: Der dankbare Patient. Zugänge. Liebesbriefe
Band 7: Gleichnis der Welt. Betrachtungen über Natur, Kunst, Politik, Literatur, Reisen, Menschen und Dinge
Der Zwerg. Der arme Chatterton. Gesammelte Schriften, Band 1/7
Gesammelte Schriften von Ernst Penzoldt in sieben Bänden. Jubiläumsausgabe zum 100. Geburtstag
von Volker Michels (Herausgeber), Ulla Penzoldt (Herausgeber), Ernst Penzoldt (Autor)
Gebundene Ausgabe – 31. Mai 1992. Suhrkamp Verlag ISBN 3-518-40463-6
Erster Band: Der Zwerg. Der arme Chatterton. Romane
Inhalt
Ernst Penzoldts erster Roman »Der Zwerg« wird hier in der zeitkritischen Urfassung abgedruckt. Die Geschichte setzt ein im Geburtsjahr des Dichters 1892 und schildert das Schicksal von Adrian ter Mooren, der im Ersten Weltkrieg beide Beine verloren hat. In einem chronikartigen, trockenen und doch humorvollen Stil wird die bürgerliche Epoche bis 1914, die Zeit des Krieges und der Nachkriegswirren dargestellt. Penzoldts zweiter Roman »Der arme Chatterton«, die Geschichte eines jungen Mannes, der Dichter sein wollte und dies unter tragikomischen Umständen verwirklichte. Er schildert das Leben des englischen Schriftstellers Thomas Chatterton (1752-1770), der als das »wonderful child of Bristol« in die Literaturgeschichte eingegangen ist. Was Penzoldts kongeniale Darstellung des Schicksals dieses Dichters, der 17jährig seinem Leben durch Gift ein Ende setzte, auszeichnet, ist die in der deutschen Literatur so seltene Kombination von Tragik und Humor.
Die Powenzbande. Gesammelte Schriften, Band 2/7
Gesammelte Schriften von Ernst Penzoldt in sieben Bänden. Jubiläumsausgabe zum 100. Geburtstag
von Volker Michels (Herausgeber), Ulla Penzoldt (Herausgeberin), Ernst Penzoldt (Autor)
Gebundene Ausgabe – 31. Mai 1992. Suhrkamp Verlag ISBN 3-518-40462-8
Zweiter Band: Die Powenzbande. Schelmenroman.
Inhalt
Die Powenzbande spielt in dem beschaulichen Städtchen Mössel an der Maar, das vor allem von besser gestellten Rentnern und Pfarrerswitwen mit ihren Töchtern bewohnt wird. In dieser Kleinstadt würde wohl nie etwas passieren, wäre nicht einige Jahre vor der eigentlichen Handlung ein Bahnreisender – Baltus Powenz – in „Adams kleiner, brauner Weinstube“ „kleben“ geblieben, um sich dann unverzüglich als reich tätowierter Bademeister, Fahr- und Gesangslehrer, Erfinder (nicht zuletzt seiner eigenen Vergangenheiten), Konstrukteur eines Automobils, Poet, Musiker und Fabrikant von Scherzartikeln und Feuerwerkskörpern dort niederzulassen und eine Familie zu gründen, immer mit dem Ziel, ihr eines Tages ein eigenes Haus zu erbauen.
Mit seiner „selten liebevollen“ Frau Sabina hat er sieben Söhne und eine Tochter, eine so kopf- wie lautstarke Schar, die von den rechtschaffenen Mösselern kopfschüttelnd die „Powenzbande“ genannt wird und ihnen jeder Schandtat verdächtig ist. Sie stellen der Stadt ein fröhliches Prekariat emsiger Lebenskünstler, sind die „Edlen Wilden“ von nebenan, ein lebendiger Widerspruch zu allen bürgerlichen Normen, arm an allem außer Geist, wenig zimperlich bei der Wahl ihrer Methoden wie bei ihrer Nahrung. Heilig ist ihnen das Leben, die Existenz aber nur Notwendigkeit.
Ihre bacchischen Freuden, freie Liebe und häusliche Gewalt erregen die Rechtschaffenen wie die Selbstgerechten, und so beginnt bald ein Kleinkrieg zwischen ihnen und den Powenzen, dessen formelle Kriegserklärung die Ablehnung eines Bauantrages ist, den Baltus Powenz, gestützt auf einen „kleinen Vorgriff auf die Reserven der Zukunft“ und einen Fundus von 999 über Jahre hinweg gesammelten Backsteinen, bei der Stadtverwaltung einreicht. Dieser Krieg wird in offenen „Knabenschlachten“ auf der Heide vor der Stadt ebenso ausgetragen wie in Guerilla-Operationen, bei denen aus den Beeten des Nachbarn die Gemüsepflänzlinge säuberlich entfernt und durch Unkraut ersetzt werden, zum Lüften aufgehängte Teppiche mit Flöhen und Wanzen infiziert werden, die sich in den Häusern der „Feinen“ ausbreiten, und manchmal mit krimineller Energie. Die Gegenseite schlägt mit Hausdurchsuchungen zurück und ist den flexiblen Powenzen gegenüber relativ erfolglos.
Dieser Krieg wird 1914 durch eine andere Auseinandersetzung unterbrochen. Die Familie Powenz stellt in ihrer Produktion erfolgreich von Scherzartikeln auf vaterländischen Nippes, Kaiserbilder und Kriegsfolklore um. Allerdings müssen bald Frau Sabina, Tochter Lilith und die jüngsten Söhne Jadup und Jubal den Betrieb übernehmen, weil die erwachsenen Männer der Familie zur Armee einrücken müssen. Schnell sammeln sie sich am gleichen Frontabschnitt, wo sie der Erzähler des Romans wieder trifft, der in Mössel zu den „Feinen“ gehört. Pragmatisch ziehen die Powenze aus dem Krieg jeden Vorteil. Sie genießen das Abenteuerliche an ihm und nutzen jede Gelegenheit, Wertvolles zu sammeln.
Bei einer solchen Gelegenheit wird der künstlerische Sohn Violand verwundet und von seinen Verwandten und ihren Freunden, allesamt tapfer aus Trunkenheit, gerettet. Sie nutzen das, um zugleich einen Schatz teuren Rotweins aus den Ruinen des Weinguts „La Ferme Trouchy“ zu bergen. Kurz vor Kriegsende lässt Baltus Powenz dann seine heimische Produktion auf schwarz-rot-goldene und rote Fahnen umstellen, um sich auch kommende politische Auseinandersetzungen nutzbar zu machen.
So tragen alle Powenze zu jenem bescheidenen Vermögen bei, mit dem sie ihr Haus errichten wollen. Tochter Lilith schlägt Kapital aus ihrem sorgsam kultivierten schlechten Ruf, Vater Baltus nutzt seinen Einfallsreichtum, um in den unruhigen Zeiten nach dem Krieg mit Devisen-Spekulationen Geld zu verdienen, der immer müde Sohn Fabian gründet die Kirche des Heiligen Schlafes. Nur Jadup trägt nichts dazu bei, wird er doch bald von der Liebe in Gestalt eines Ballonfahrers nach Berlin entrückt. Seine erdverbundene Familie kritisiert daran vor allem die völlige Uneinträglichkeit.
Es kommt gar dazu, dass die Powenzbande erstmals schuldenfrei dasteht, als der Tod ihres amerikanischen Onkels Melchior und die Vorstellung eines Erbes in Dollar-Millionen sie in der Gunst der Mösseler hoch steigen lässt. Man schenkt ihnen gar das Grundstück, das man ihnen samt der Baugenehmigung einst verweigert hatte. Vater Powenz tauscht es umgehend gegen eines in der Nachbargemeinde ein, wo er endlich das erträumte Haus baut. Das Erbe indes besteht dann zwar wirklich aus Millionen, jedoch im Minusbereich.
Am Ende (das der Erzähler an den Anfang stellt) wird Baltus Powenz, der heiter und angetrunken wie stets spazieren geht, von einem Meteoriten erschlagen, drei Tage nach dem Richtfest seines Hauses, immer noch in der gleichen Jacke, die er bei seiner Ankunft in Mössel getragen hatte. Seine ehrerbietigen Söhne umgeben den Meteoriten sofort mit einem Zaun und nehmen Eintritt für seine Besichtigung.